Der Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS) ist eine Initiative in Europa, die einen erleichterten Zugriff auf Gesundheitsdaten über Ländergrenzen hinweg und deren Austausch ermöglichen soll. Dadurch sollen auf lange Sicht die Gesundheitsforschung gefördert, die medizinische Versorgung verbessert und die Patientenrechte gestärkt werden. Der Zeitplan ist ambitioniert: Der EHDS startete im März 2025 und soll innerhalb von vier Jahren implementiert sein.
Wie wird der EHDS in Deutschland umgesetzt?
Laut Gesetzestext soll der EHDS unter Einhaltung der gängigen Datenschutzregelungen die Verknüpfung und Zusammenarbeit verschiedener Systeme fördern. Ein wichtiger Schritt ist die Entwicklung eines Metadatenkatalogs, der die länderübergreifende Nutzung und den Austausch von Gesundheitsdaten ermöglicht. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) errichtet die zentrale Infrastruktur, den sogenannten „German Node“ oder koordinierenden „Health Data Access Body“ (HDAB), die als Anlaufstelle für den Datenzugang dient. Darüber hinaus sollen dezentrale Knotenpunkte, die sogenannten „Decentralized Health Data Access Bodies“ (dHDABs), geschaffen werden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Organisationen, die bereits über bestehende Infrastrukturen und umfangreiche Expertise verfügen und die Abläufe verwalten und regulieren. Diese sollen zudem eine sogenannte SPE („Secure Processing Environment“) bereitstellen, um eine sichere Analyse der sensiblen Daten zu ermöglichen. Im Rahmen der Koordinierungsgruppe Gesundheitsforschungsdateninfrastruktur (GFDI), die von der Medizininformatik-Initiative (MII) und dem Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) initiiert wurde und an der unter anderem NFDI4Health sowie das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Genom.DE beteiligt sind, werden derzeit die Rollen und Verantwortlichkeiten für die nationale Umsetzung des EHDS diskutiert.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) spielt eine federführende Rolle beim Aufbau des Germen Node / koordinierenden HDABs. Im Rahmen des EU4Health-Programms "Health Data Platform (HDP) for Germany" und weiteren EU-Projekten koordiniert es den Aufbau dieser Infrastruktur. Dabei stellt das BfArM sicher, dass die Qualitätskriterien eingehalten, die Interoperabilität der Systeme gefördert und die Forschung durch Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnern unterstützt werden.
Genom.DE spielt eine zentrale Rolle beim Aufbau des EHDS in Deutschland. Genom.de ist eine Plattform, die sich auf die Sammlung, Analyse und Bereitstellung von Gesundheitsdaten konzentriert, insbesondere genomischen Daten. Diese Plattform stellt einen wichtigen Baustein im Rahmen des EHDS dar, da sie als Schnittstelle zwischen der deutschen Genommedizin und dem Europäischen Gesundheitsdatenraum fungieren kann.
Seit 2020 arbeitet NFDI4Health im Rahmen der NFDI daran, Standards und Infrastrukturen zu entwickeln, die einen sicheren und effizienten Austausch von Gesundheitsdaten gewährleisten. Die NFDI vernetzt Forschungsinstitutionen und stärkt die Forschung, indem sie als domänenübergreifender deutscher Beitrag zu europäischen Datenräumen und der European Open Science Cloud (EOSC) agiert. Um die Auffindbarkeit von Gesundheitsdaten zu verbessern, hat NFDI4Health einen Datenpublikationsworkflow eingeführt, der als Vorbild für den EHDS dienen kann:
1. NFDI4Health hat ein Metadatenschema für Gesundheitsdaten entwickelt, das sich zum deutschen Metadatenkatalog und langfristig zu einem internationalen Standard weiterentwickeln lässt.
2. Mit dem Suchportal Health Study Hub macht NFDI4Health Gesundheitsdaten zentral auffindbar. Die Daten stammen aus epidemiologischen, klinischen und Public Health Studien. Auch Registerdaten und administrative Gesundheitsdaten sind eingeschlossen.
3. NFDI4Health integriert lokale Metadatenregister, indem es Local Data Hubs bereitstellt oder beim Aufbau entsprechender Schnittstellen unterstützt. Diese können als Vorlage für weitere zentrale Suchportale dienen oder direkt mit dem zentralen Suchportal verbunden werden.
Zusätzlich arbeitet NFDI4Health eng mit der Medizininformatik-Initiative (MII) zusammen, um das Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG) zu erweitern. Im Bereich der Datenverknüpfung (Record Linkage) bringt NFDI4Health in enger Zusammenarbeit mit MII und NUM ihre Expertise ein und berät bei Datentypen, Harmonisierung und Interoperabilität.
Die Koordinierungsgruppe Gesundheitsforschungsdateninfrastruktur (GFDI) vereint öffentlich geförderte deutsche Gesundheitsforschungsdateninfrastrukturen. Sie dient dem Austausch über Entwicklungen einzelner Infrastrukturen, der gemeinsamen Planung von Weiterentwicklungen und der Erarbeitung von Modellen für eine interoperable Gesundheitsdatenlandschaft im Rahmen des EHDS. Als Teil der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) repräsentiert NFDI4Health die NFDI innerhalb der GFDI und vermittelt zwischen den Bedarfen und Lösungen der Infrastrukturen.
Die Medizininformatik-Initiative (MII) ist eine deutschlandweite Dateninfrastruktur, die interoperable Systeme entwickelt, um insbesondere Versorgungsdaten aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen und zu analysieren. Viele Partner von NFDI4Health sind zugleich Partner in der MII und gewährleisten so, dass die Standards und Services von NFDI4Health kompatibel mit den in der MII entwickelten Standards sind. Gemeinsam mit der MII entwickelt NFDI4Health das Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDGP) zu einem allgemeinen Antragsportal weiter. Das Portal bietet jetzt schon eine Plattform, um Versorgungsdaten zu suchen, Machbarkeitsanfragen zu stellen, Daten zu beantragen und diese Prozesse transparent zu gestalten. In Kombination mit dem NFDI4Health Health Study Hub können beide Infrastrukturen bedeutende Komponenten für den Aufbau von HDABs bereitstellen.
Das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) startete zu Beginn der COVID-19-Pandemie und hat seitdem die Zusammenarbeit zwischen Universitätskliniken in Deutschland gestärkt. NFDI4Health fördert die FAIRe Publikation von NUM-Gesundheitsstudien im Health Study Hub, wie beispielsweise im Kooperationsprojekt coverCHILD, und wird sich aktiv an der Konzeption der geplanten nationalen Studienplattform für klinische Daten von NUM beteiligen. Das Ziel ist es, NUM bei der Entwicklung von Standards für die FAIRe Veröffentlichung von Studiendaten zu unterstützen und gemeinsame Kriterien zu schaffen, die in den EHDS integriert werden können.
Aktuelles zu NFDI4Health und EHDS
NFDI4Health beim Workshop zum Europäischen Gesundheitsdatenraum
NFDI4Health auf der Health-RI Konferenz in Utrecht